Heimat kann für den einen aus hohen Bergen, grünen Wäldern und blauen Seen bestehen, während für einen anderen weite Dünen, goldener Sand und alte Pyramiden die Heimat bedeuten. Das, was für den einen die Heimat ist, kann für jemand anderen die Ferne sein. In diesem Artikel widmen wir uns dem Begriff der Heimat und suchen nach der Essenz eines Wortes, das einerseits hoch gelobt und andererseits stark angegriffen wird.
Der Begriff Heimat ist weitreichend, oft überstrapaziert und mit allerlei Vorurteilen behaftet. Politische Machtinteressen haben ihn einst missbraucht, um ihre Ideologien zu fördern, und nach dem Krieg folgten die kitschigen Heimatfilme und Heimatromane. Doch was steckt wirklich hinter dem Begriff Heimat? Warum hat sich dieser Begriff, der erstmals im 11. Jahrhundert dokumentiert wurde, bis heute gehalten und warum führt er zu so vielen kontroversen Diskussionen?
Die Verwirrung um den Begriff der Heimat
Leider wurde der Begriff Heimat lange Zeit verdreht und entstellt, bis von seiner ursprünglichen Bedeutung kaum noch etwas übrig blieb. Auch politische Akteure sind schnell zur Stelle, wenn es um das Thema Heimat geht, und versuchen allen, die diesen Begriff noch mit innerer Verbundenheit verwenden, das Etikett der Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung aufzudrücken. Jeder vernünftige Mensch erkennt jedoch, dass Heimatpflege und Gastfreundschaft friedlich Hand in Hand gehen können und sich nicht gegenseitig ausschließen.
Begriffe sollten so betrachtet werden, wie sie wirklich sind, und frei von politischen und ideologischen Vorstellungen bleiben. Ein Begriff hat eine ursprüngliche Bedeutung, beschreibt ein verständliches Phänomen und erzeugt innere Bilder. Ein Begriff ist nicht einfach nur ein beliebiges abstraktes Wort wie Bezirk, Region oder Umland, ein Begriff, wie der der Heimat, ruft in uns wahrnehmbare Bilder und Gefühle hervor.
Da wir uns zunehmend von einem logikgeprägten Verstand leiten lassen und unsere Empfindung und Intuition dabei in den Hintergrund treten, fällt es uns immer schwerer, die Einfachheit und Klarheit d er Begriffe zu erkennen. Oft beladen wir sie mit eigenen Vorstellungen, Glaubenssätzen und Umdeutungen und entfernen sie so immer weiter von ihrem eigentlichen Ursprung. Daher soll es in diesem Text um die Ursprünglichkeit des Begriffs Heimat gehen. Max Frisch, ein Schweizer Architekt und Schriftsteller, attestierte übrigens dem Begriff Heimat eine Unübersetzbarkeit, was ihn seiner Meinung nach in unserer Sprachkultur zu etwas Besonderem macht.
Den Wurzeln des Wortes Heimat auf der Spur
Die einheitliche Definition des Begriffs “Heimat” zu finden, ist keine leichte Aufgabe. Verschiedene Quellen liefern unterschiedliche Antworten auf die Frage, was Heimat bedeutet. Dies spiegelt die Uneinigkeit und Verwirrung wider, die oft mit dem deutschen Begriff der Heimat verbunden ist. Es gibt endlose Diskussionen über den Sinn und Unsinn des Begriffs sowie über mögliche Umdeutungen im Namen der politischen Korrektheit.
Laut dem Online-Duden bezieht sich Heimat auf ein “Land, einen Landesteil oder einen Ort, in dem man [geboren und] aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt.” Wikipedia beschreibt Heimat als eine Beziehung zwischen Mensch und Raum (Territorium). Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff auf den Ort angewendet, in dem ein Mensch geboren wird und in dem die frühesten Sozialisationserlebnisse stattfinden, die Identität, Charakter, Mentalität, Einstellungen und Weltauffassungen prägen.
Laut dem Online-Lexikon Wissen.de ist Heimat „ …der geographisch erlebte Raum (Landschaft, Siedlungsform), mit dem sich der Mensch durch Geburt, Tradition und Lebensweise besonders verbunden fühlt. Es ist der Ort, an dem die Persönlichkeit maßgeblich geprägt wurde und die ersten entscheidenden sozialen Beziehungen entstanden sind. In Zeiten persönlicher und sozialer Krisen gewinnt der Heimatbegriff oft an Bedeutung, während gleichzeitig bestimmte Aspekte der industriellen Massengesellschaft abgelehnt werden.“
Betrachtet man den Begriff Heimat genauer, fällt auf, dass das Wort selbst das Wort “Heim” enthält, was uns einen Hinweis darauf geben könnte, in welche Richtung unsere Gedanken gehen sollten.
Es gibt keine Mehrzahl von Heimat
In der Regel wird der Begriff “Heimat” im Singular und mit bestimmtem Artikel (“die Heimat”) verwendet, was deutlich macht, dass es keinen Plural gibt. Der Duden weist darauf hin, dass der Plural nicht üblich ist.
Dem steht jedoch die These des Integrationsbüros der Stadt Zürich gegenüber, dass “jeder Mensch unterschiedliche Identitäten und verschiedene Heimaten” habe. Solche widersprüchlichen Standpunkte können nur existieren, wenn es keine einheitliche Definition des Begriffs gibt.
Ähnlich wie die Begriffe “Gesundheit” und “Erhabenheit” keinen Plural bilden können, gilt dies auch für den Begriff “Heimat”. Ein Mensch hat eine einzige Gesundheit, er kann nicht mehrere Gesundheiten haben. Gleiches gilt für Schönheit, Gleichheit, Reinheit, Wahrheit, Keuschheit, Einfachheit, Freiheit und viele andere Begriffe. Heimat ist somit singulär.
Heimat und Identität
In Bezug auf den Begriff der Heimat wird oft behauptet, dass ein Mensch mehrere Identitäten oder sogar hybride Identitäten besitzen kann. Diese Annahme widerspricht jedoch der Etymologie des Wortes selbst. Das Wort “Identität” leitet sich vom lateinischen “idem” ab, was “ebendasselbe” bedeutet. Wie wir wissen, sind “das selbe” und “das gleiche” zwei unterschiedliche Dinge. Zwei Menschen können gleichzeitig das gleiche Auto fahren, zum Beispiel einen schwarzen Mercedes, aber sie können nicht gleichzeitig dasselbe Auto fahren, da ein Auto nur ein Steuer hat.
Das Wort “gleich” zeigt ebenfalls, dass sich etwas ähnlich sein kann, aber nicht identisch ist. Das gilt auch für die Identität eines Menschen. Genau wie zwei Fahrer nicht gleichzeitig dasselbe Fahrzeug lenken können, kann ein Mensch nicht zwei Identitäten besitzen. Natürlich können Identitäten überlagert werden und in den Hintergrund treten, wenn andere Rollenbilder stärker geprägt und gefördert werden. Aber das Wort “überlagert” deutet bereits darauf hin, dass etwas nur überlagert wird und nicht ausgelöscht ist.
Auch in der Philosophie bezieht sich Identität auf die grundlegende und einzigartige Natur eines Individuums oder einer Entität, die es von anderen unterscheidet. Es geht um die unveränderlichen und konstanten Eigenschaften, die jemanden oder etwas definieren und ihm eine eindeutige Existenz verleihen. Eine Esche kann nicht entscheiden, eine Buche zu sein, nur weil sie annimmt, dass alle Bäume gleich sind.
Es ist nicht umsonst, dass Menschen, die in zwei verschiedenen Kulturkreisen aufgewachsen sind, oft das Gefühl haben, keiner Kultur zugehörig zu sein oder sich gleichzeitig beiden zugehörig fühlen. Die Befürworter der hybriden Identität behaupten nun, dass dies nicht notwendig sei, da Identität etwas mit Selbstbestimmung zu tun habe. Das mag oberflächlich betrachtet so wirken, aber die Kehrseite ist, dass die Betroffenen oft darüber klagen, dass sie sich in beiden Kulturkreisen gleichzeitig auch fremd fühlen.
Dies als Fortschritt zu bezeichnen und von Menschen zu erwarten, dass sie weiterhin darunter leiden, nur weil die politische Motivation der Globalisierung dies vorsieht, ist nicht nur fragwürdig, sondern in meinen Augen unwürdig.
Doch kommen wir zurück zum Begriff der Heimat.
Heimat in Glaube, Tradition und Natur
Der Begriff Heimat wird heute in der öffentlichen Debatte aus vielen verschiedenen Perspektiven betrachtet, was bekanntermaßen zu noch mehr Verwirrung führt. Der Begriff Heimat kann in räumlicher, zeitlicher, sozialer, wirtschaftlicher, politischer, kultureller und emotionaler Hinsicht betrachtet werden. Im Folgenden wollen wir uns jedoch auf einige wenige Aspekte beschränken, die aus geistiger Sicht für den Menschen von Bedeutung sind.
Heimat als heimischer Boden für Pflanzen und Tiere
Die Bedeutung des Ortes und der dort herrschenden Bedingungen für das gesunde Gedeihen von Pflanzen und Tieren ist weithin bekannt. In der Natur sind Pflanzen und Tiere eng mit ihrer Heimat verbunden, sei es eine spezifische Region, ein Ökosystem oder ein bestimmter Lebensraum.
Pflanzen haben spezifische Anforderungen an den Boden, das Klima, das Licht und das Wasser, um gesund wachsen zu können. Jede Pflanzenart ist an ihre ursprüngliche Heimat angepasst. Zum Beispiel wachsen Bananen in tropischen Regionen, die hohe Temperaturen, viel Sonnenlicht und eine hohe Luftfeuchtigkeit bieten. In Deutschland herrschen diese Bedingungen nicht, weshalb Bananen hier nicht natürlicherweise gedeihen können.
Auch Tiere sind eng mit ihrer Heimat verbunden. Sie haben spezifische Ansprüche an ihre Umgebung, sei es das Vorhandensein bestimmter Nahrungsquellen, ein geeigneter Lebensraum oder das Klima. Ein bekanntes Beispiel sind Pinguine, die in den eisigen Regionen der Antarktis beheimatet sind. Sie sind perfekt an das Leben in extrem kalten Umgebungen angepasst, mit dichtem Federkleid und einer Fettschicht, die vor Kälte schützt. In wärmeren Regionen wie der Ostsee könnten sie nicht überleben, da sie nicht an die dortigen klimatischen Bedingungen angepasst sind.
Die Heimat einer Pflanze oder eines Tieres bietet nicht nur ideale Bedingungen für ihr Wachstum und ihre Entwicklung, sondern ermöglicht auch eine einzigartige Interaktion mit ihrer Umgebung und anderen Arten. Pflanzen können bestimmten Tieren als Nahrungsquelle dienen oder ihnen einen Lebensraum bieten. Umgekehrt können Tiere durch Bestäubung oder Verbreitung von Samen zur Fortpflanzung und Verbreitung von Pflanzen beitragen. Diese spezifischen Wechselwirkungen sind oft entscheidend für das ökologische Gleichgewicht und die Aufrechterhaltung der Artenvielfalt.
Menschen, die glauben, dass sie als moderne Weltbürger den natürlichen Gesetzen und Prinzipien entfliehen können, verstehen oft nicht, dass auch sie Teil der Natur sind. Der Mensch trägt ebenfalls Teile von Pflanzen und Tieren in sich und kann sich zeitweise an anderen Orten aufhalten und daraus Bereicherung für sein Leben ziehen. Doch auch er muss einen Preis dafür bezahlen, wenn er dies dauerhaft tun möchte.
Natürliche Grenzen sind wichtig für Harmonie
Wie bereits zu Beginn erwähnt, wird der Begriff Heimat von Kritikern oft mit Rückständigkeit und Engstirnigkeit assoziiert, da Heimat naturgemäß auch immer Grenzen mit sich bringt. Doch es ist nichts Verwerfliches an Grenzen, denn jeder Mensch schätzt es, eine funktionierende Haustür oder Wohnungstür zu haben, um ungebetene Gäste fernzuhalten.
Auch natürlichen Grenzen wurde bereits von bestimmten Interessensgruppen der Kampf angesagt, was auf ein eingeschränktes Schwarzweißdenken zurückzuführen ist. In dieser Vorstellung wird eine Grenze gleichgesetzt mit Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit. Diese Logik allein sollte verdeutlichen, dass es bei solchen Bestrebungen selten um wahre Menschenliebe geht. Denn wahre Menschenliebe zerstört nicht rücksichtslos das Vorhandene im Namen des Fortschritts, sondern entwickelt sich progressiv weiter, indem das Gute und Nützliche bewahrt wird.
In der Natur haben schon immer Berge, Flüsse und Täler natürliche Grenzen gesetzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie automatisch fremdenfeindlich oder ausgrenzend sind. Sie müssen lediglich überwunden werden, und jenseits der Grenzen gelten möglicherweise andere Regeln als diesseits. Niemand kann erwarten, dass unter Wasser die gleichen Gesetze gelten wie auf dem Land oder in der Luft. Ein Monotonist ist jemand, der überall auf der Welt nur das Gleiche sehen, erleben und erfahren möchte.
Ein Mensch lernt Integration umso besser, je vielfältiger die Gesetze der verschiedenen Regionen sind, da er sich dort unterordnen und anpassen muss, um kein Störenfried zu sein. Niemand würde Wasser mit einem Sieb transportieren, und wenn man schwimmen gehen möchte, sind Stiefel nicht hilfreich. Es sind nicht die Grenzen, die für Unrecht sorgen, sondern die Menschen, die aus Gier, Neid oder Hass andere Menschen ausnutzen oder ihnen schaden. Die Grenze selbst ist so neutral wie ein Messer – nur der Inhaber ist verantwortlich dafür, ob er es zum Nutzen oder zum Schaden einsetzt.
Daher haben Grenzen allein nichts mit Ausgrenzung gemeinsam, sondern können für Gastfreundschaft, Nächstenliebe und Offenheit stehen. Sie bewahren ihre eigene Einzigartigkeit und Andersartigkeit, während sie die des Gegenübers schätzen und respektieren. Eine Grenze heißt den willkommen, der sich den geltenden Gesetzen unterordnet, und hält denjenigen vor ihr zurück, der die innere Ordnung stören möchte. Das ist nicht nur sinnvoll und natürlich, sondern existentiell für das Zusammenleben verschiedener Arten.
Die wahre Heimat im Himmel
In vielen Religionen, wie zum Beispiel dem Christentum, geht die Vorstellung von Heimat noch einen Schritt weiter und wird als der Ort im Jenseits betrachtet, von dem alle Menschen einst stammen und zu dem sie irgendwann wieder zurückkehren, vorausgesetzt ihre Entwicklung auf der Zwischenstation Erde war erfolgreich.
In der Bibel heißt es:
„Aber unsere Heimat ist der Himmel, wo Jesus Christus, der Herr, lebt.“ (Philipper 3,20)
In dem Buch “Im Lichte der Wahrheit – Gralsbotschaft” schreibt Abd-ru-shin im Kapitel “Es werde Licht“:
„Erwacht und dehnt Euch aus, schafft Raum zum Höhenflug, Ihr Menschengeister, die Ihr nicht dazu geschaffen seid, nur in der Grobstofflichkeit zu verweilen, welche Ihr nützen sollt, doch nicht als Heimat zu betrachten habt.“
Im Nachwort heißt es weiterhin:
„Nur wenn Ihr selbst Euch so zum Leben zwingt im Gottgesetze der harmonischen Bewegung, dann kann das Wort in Euch zum Leben werden, um Euch hochsteigen zu lassen in die lichten Höhen, welche Eure eigentliche Heimat sind.“
Inmitten all der hitzigen Debatten darüber, wie Heimat geografisch, kulturell, politisch, emotional oder wirtschaftlich betrachtet werden soll, wird deutlich, dass eine Einigung nur schwer zu erreichen ist, solange wir uns ausschließlich im materiellen Denken bewegen. Das Geistige muss in Betracht gezogen werden, wenn der Mensch Klarheit erlangen möchte.
Da der Mensch ein geistiges Wesen ist, wie in meinem Vortrag “Körper, Geist und Seele” beschrieben, darf der geistige Aspekt bei der Betrachtung von Heimat nicht vernachlässigt werden, genauso wenig wie man bei der Rekonstruktion eines Unfallgeschehens den Fahrer eines Fahrzeugs außer Acht lassen darf.
Wenn wir nach der wahren Heimat suchen und davon ausgehen, dass der geistige Anteil des Menschen nicht von der Erde stammt, sondern nur sein Körper aus materieller Substanz besteht, dann müssen wir diese Heimat auf einer viel höheren Ebe ne suchen als in Flüssen, Tälern oder Bergen.
Es liegt nahe anzunehmen, dass diese innere und oft ungestillte Sehnsucht nach Heimat im Menschen daher rührt, dass er seinen geistigen Teil in sich spürt, der wieder zurück zu seinem Ursprung möchte, und dass er diese Sehnsucht so lange empfinden wird, wie er noch in der irdischen Welt wandelt.
Anregung
Ich möchte Sie, liebe Leserinnen und Leser, ermutigen, sich bei der Suche nach Ihrer Heimat nicht von politisch-ideologischen Ansichten beeinflussen zu lassen, sondern mit einem aufgeschlossenen Geist selbst zu erforschen, wo die Wahrheit liegt und was Heimat wirklich bedeutet.
Als Hörbeitrag auf Youtube
Quellen:
https://www.zeit.de/2009/17/CH-Loetscher
https://web.archive.org/web/20131012011008/http://www.klaus-giel.de/doc/Heimatkunde.pdf
https://de.wiktionary.org/wiki/Heimat
https://www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/heimat-integration-node.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Heimat
Foto: Sven Lachmann