Auf unserer Suche nach Erfolg und Glück übersehen wir oft eine wertvolle Quelle der Weisheit und Inspiration – Kinder. In diesem Beitrag erkunden wir die einzigartigen Eigenschaften und Wesenheiten der Kindheit, die uns helfen können, eine tiefe Erfüllung und Meisterschaft im Erwachsenenleben zu finden.
Nach uns die Sintflut oder Verantwortung für morgen übernehmen?
Dass Kinder unsere Zukunft sind wird immer wieder betont. Doch genau genommen sind Kinder nicht die Zukunft selbst, sondern sie sind diejenigen, die die Früchte unserer heutigen Aussaat in der Zukunft ernten werden, sowohl die guten wie die schlechten. Denn so will es das Gesetz der Wechselwirkung.
Was haben wir Menschen von heute unseren Müttern und Vätern alles zu verdanken? Wir haben elektrischen Strom, weil ihn der deutsche Physiker Otto von Guericke im Jahr 1672 entdeckte. Wir fahren mit der Eisenbahn in den Urlaub, weil Richard Trevithick sie im Jahr 1804 erfand. Wir sprechen mit Freunde am anderen Ende der Welt, weil Alexander Graham Bell im Jahr 1861 ein Telefon entwickelte. Niemand muss seinen Arzt oder teure Operationen selber zahlen, weil Otto von Bismarck 1883 die gesetzliche Krankenkasse einführte.
Bis 1918 durften Frauen in Deutschland nicht wählen oder gewählt werden, erst ab 1919 wurde durch die Bemühung verschiedener Bewegungen unserer Vorfahren das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Darüber hinaus haben wir zahlreiche Kunst, Musik und Literatur, die uns inspiriert und unser Leben bereichert. Künstler wie Vincent van Gogh und Pablo Picasso fanden neue Wege des Ausdrucks, und Komponisten wie Ludwig van Beethoven und Wolfgang Amadeus Mozart hinterließen uns einige der schönsten musikalischen Meisterwerke aller Zeiten. Schriftsteller wie William Shakespeare und Johann Wolfgang von Goethe führten uns mit ihren Werken in eine Welt des Geistes und des großen Ganzen.
Für all das und noch vieles mehr haben unsere Mütter und Väter sich eingesetzt, um es ihren Nachkommen zu hinterlassen. Doch gleichzeitig werfen natürlich auch ihre Missetaten ihre Schatten auf uns, denn das ewige Naturgesetz der Wechselwirkung lässt nicht mit sich verhandeln. So müssen wir heute unter den Auswirkung damaliger Umweltsünden leiden, tragen noch immer die Last der Kriege und Ausbeutungszüge und haben eine ins unermesslich wachsende Verstandesherrschaft, die Technik und Materialismus über den Menschen stellt und ihn damit zum Knecht selbiger macht.
Die Kinder von heute ernten die Saat der Eltern von gestern
Schon in der Hosea 8, Vers 7 sagt der Prophet
“Denn sie säen Wind und werden Sturm ernten”.
Außerdem finden wir bei Galater 6,7 die Aussage
Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.
Diese und weitere Hinweise darauf, dass unsere Taten und Entscheidungen Konsequenzen haben, sind nicht nur in den alten Schriften zu finden, sondern sollten jedem ernsthaften suchenden Menschen bekannt sein, weil sie sich überall in der Natur offenbaren. Selbst die Physik hat dieses Gesetz unter dem Namen Kausalitätsgesetz zu einem festen Bestandteil Ihrer Betrachtungsweisen etabliert.
Nun ist in Betracht zu ziehen, dass Naturgesetze nicht nur für den Einzelmenschen gelten, sondern auch kollektiv für Gruppen. Ganze Völker können sich schweres Karma aufladen, wie die Geschichte mehrfach zeigt.
Es liegt somit in der Hand eines jedes einzelnen von uns, sich kritisch zu hinterfragen, welche Verantwortung er mit gutem Gewissen tragen kann, wenn er dabei berücksichtigt, dass er mit seinen Gedanken, Worten und Taten das Schicksal von morgen gestaltet.
Über diese Frage darf nicht leichtfertig hinweggegangen werden, sie muss zum Grundstein des täglichen Denkens werden. Denn die Welt können wir nur dann wandeln, wenn wir uns selbst wandeln. Alles muss im Innen beginnen, was sich im Außen zeigen soll. So lehrt es uns die Natur.
Der Ursprung des Kinder-Gleichnisses
Das Gleichnis des Wieder-Kind-Werdens, um das es in diesem Vortrag geht, stammt aus der Bibel. Dort heißt es im Kapitel “Der Rangstreit der Jünger, Matthäus 18,1-5”:
Jesus rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.
Seit jeher zerbrechen sich Schriftgelehrte den Kopf über diese Aussage und es wird diskutiert und diskutiert, was wohl damit gemeint sein könnte. Dadurch tun sie genau das Gegenteil dessen, was Christus mit diesem Bildnis fördern wollte.
Dieses verstandesgemäße Zergliedern und Zerkleinern, Selektieren und Sezieren ist vor allem eine Eigenart von Erwachsenen; Kindern liegt dies fern. Sie können mit Metaphern und Bildern viel natürlicher umgehen, wie ihr Umgang mit Märchen und Sagen deutlich zeigt.
Was Kinder einzigartig macht
Um herauszufinden, was genau mit der Aussage “Werdet wie die Kinder” gemeint ist, lohnt es sich, die Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen genauer zu betrachten. Diese Unterschiede zeigen auf, wo Erwachsene von Kindern lernen können.
Kinder unterscheiden sich beispielsweise von Erwachsenen in folgenden Punkten:
- Kinder leben im Moment, anstatt ständig über Zukunft und Vergangenheit nachzudenken.
- Kinder geben sich einer Sache voll und ganz hin, anstatt mehrere Dinge gleichzeitig und nur halbherzig zu machen.
- Kinder sind aufrichtig und authentisch, sie verstellen sich nicht und spielen keine Rollen. Ironie und Sarkasmus sind ihnen fremd.
- Kinder sind nicht nachtragend, sie verzeihen innerhalb von Minuten.
- Kinder handeln danach, was ihr Herz ihnen sagt, ohne über Vorteile oder die Meinung anderer nachzudenken.
- Kinder verlieren sich nicht in Gedanken, sondern leben im Hier und Jetzt.
- Kinder zweifeln nicht, sondern glauben daran, dass sie die Welt erobern können.
- Kinder sind mutig, sie klettern auf hohe Bäume, frei von Ängsten und Sorgen.
- Kinder zeigen ihre wahren Gefühle, sie weinen, wenn sie traurig sind, und lachen, wenn sie sich freuen.
- Kinder spielen ohne Ziel, weil sie Freude am Spielen selbst haben.
- Kindern ist egal, was andere denken, sie tun, was sie für richtig halten.
- Kinder sind lernfreudig und stellen viele Fragen, anstatt auf jede Frage bereits eine Antwort parat zu haben.
- Kinder haben eine unvoreingenommene Sichtweise auf die Welt, sie tragen keine Vorurteile und festen Überzeugungen mit sich herum.
- Kinder finden Freude in den einfachsten Dingen, es muss nicht teuer, kompliziert und exklusiv sein.
- Kinder haben eine natürliche Kreativität und finden schnell einfache Lösungen für Probleme.
- Kinder sind voller Energie und Tatendrang, sie liegen nicht faul auf dem Sofa und sind träge.
- Kinder haben ein unerschütterliches Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, da ihnen noch niemand eingeredet hat, wie schlecht und schwach sie sind.
- Kinder zeigen Mitgefühl und Empathie für andere, ihnen ist Schadenfreude und Missachtung fremd.
- Kinder schließen Freundschaften auf unbefangene Art und Weise, da sie offen für andere sind.
- Kinder sind offen für Neues und Unbekanntes, anstatt ständig in ihrer Komfortzone zu verharren.
- Kinder leben in einer Welt ohne Vorurteile und Diskriminierung, da für sie jedes Lebewesen wertvoll ist.
- Kinder zeigen Ausdauer und Geduld bei Dingen, die sie wirklich wollen, anstatt schnell aufzugeben oder gar nicht erst anzufangen.
Diese Liste ließe sich noch weiter fortsetzen und zeigt uns die großen Potenziale, von denen Erwachsene von Kindern lernen können. Natürlich gibt es auch Kinder, auf die diese Beschreibungen nicht zutreffen, doch zum Glück sind sie heutzutage eher die Ausnahme. Oftmals kann man bei solchen Exemplaren beobachten, dass der Einfluss der Erwachsenen bereits Früchte getragen hat.
Wenn Kinder jedoch in einem natürlichen Umfeld und bei gesunder Entwicklung betrachtet werden, sind die meisten der genannten Punkte vorzufinden.
Kindlich heißt nicht kindisch
Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht das Kindische gemeint ist, wenn von “kindlich” die Rede ist. Was manche als Wortklauberei betrachten, birgt tatsächlich einen bedeutenden Unterschied im Kern.
Wenn sich ein Mensch kindlich verhält, ist das etwas völlig anderes als kindisches Verhalten.
Kindlichkeit verkörpert etwas Unscheinbares, Natürliches, Reines, Liebenswertes, Beschützenswertes, Aufrichtiges, Echtes und Wertvolles.
Kindischsein hingegen wird als unreflektiert, unüberlegt, launisch, verantwortungslos und ichbezogen beschrieben.
Dieses Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Begriffe klar zu definieren und sie voneinander abzugrenzen.
Auf dem Weg zur Kindlichkeit
Mit spielerischer Klarheit sollten sich nun alle weiteren Schritte, die der Mensch auf seinem Weg zur Kindlichkeit benötigt, aus dem bisher Vorgetragenen von selbst ergeben.
Jeder, der diesen Weg zu mehr Kindlichkeit beschreiten will, muss sich im ersten Schritt darüber bewusst werden, dass dies für ihn von Nutzen sein wird. Wer noch nicht von der Wichtigkeit überzeugt ist, wird nicht die nötige Motivation aufbringen können und sollte daher vorerst die Kindlichkeit beim Beobachten von Kindern studieren.
Erst wenn im Menschen die unbändige Sehnsucht und der Drang erwächst, es den Kindern auf sinnvolle Art und Weise gleichzutun, kann daraus ein Weg entstehen, der es wert ist, gegangen zu werden. Alles andere wäre unecht und unlebendig.
Für all diejenigen, die den Entschluss bereits für sich gefasst haben, können die folgenden Sätze eine hilfreiche Stütze sein, bis sie selbstständig laufen lernen:
Sei einfach, natürlich und wahrhaftig in deinem Denken, Reden und Tun.
Sei lebendig und entdecke jeden Tag das Leben neu.
Sei lebensfroh und freue dich über die kleinen Dinge des Lebens.
Sei aufrichtig und begegne jedem Lebewesen mit Achtung und Respekt.
Sei wertschätzend und empfinde tiefe Dankbarkeit für jeden Moment.
Sei aufbauend und stets ein guter Helfer für andere Lebewesen.
Das Gleichnis von Meister und Schüler
In seinem Buch Zen in der Kunst des Bogenschießens* schreibt der Autor Eugen Herrigel sinngemäß:
“Will der Schüler zum Meister werden, muss er lernen, studieren und trainieren, bis er sein Gebiet meisterhaft beherrscht. Doch ein wahrer Meister ist nur der, der auch alles Erlernte wieder vergessen kann, um somit wieder zum Schüler zu werden. Denn nur dann ist der Kreislauf geschlossen und es gibt eine Fortentwicklung.”
In diesem Sinne sollten wir von den Kindern lernen und uns das abschauen, was für uns hilfreich ist. Wir sollten die Weisheit erlangen, zu unterscheiden, wann es notwendig ist, ein Meister zu sein, und wann es besser ist, wieder zum Schüler zu werden.
Artikel als Hörbeitrag auf Youtube