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Frau, Porträt, unzufrieden, Sommersprossen, schwarz-weiß

Das Wesen von Enttäuschungen

Enttäuschung ist ein allgemein bekanntes menschliches Erlebnis, das uns in verschiedenen Formen und Lebenssituationen begegnet.

Sie kann auf individueller Ebene auftreten, wenn unsere Erwartungen an andere Menschen oder an uns selbst nicht erfüllt werden.
Gleichzeitig erleben wir als Gesellschaft Enttäuschungen, wenn unsere Erwartungen an politische Führungskräfte oder gesellschaftliche Normen nicht erfüllt werden.

Doch Enttäuschungen sind nicht nur schmerzhafte Situationen; sie werfen auch interessante Fragen auf: Woher kommen sie, wie beeinflussen sie unser Denken und Verhalten, und wie können wir lernen, mit Enttäuschungen konstruktiv umzugehen?

Der Anfang von Enttäuschungen

Es gibt zahlreiche Väter, die enttäuscht sind von ihren Söhnen, weil diese nicht in ihre Fußstapfen treten. Es gibt enttäuschte Mütter, weil sich ihre Töchter weigern, die Traditionen der Familie fortzuführen. Es gibt Vorgesetzte, die enttäuscht von ihren Mitarbeitern sind, weil die Arbeit nicht so ausgeführt wird, wie sie es selbst getan hätten. Und es gibt Enttäuschungen in der Gesellschaft, weil die Taten der Politiker im Widerspruch zu ihren Versprechungen stehen. Überall begegnen uns Enttäuschungen.

Doch was sind Enttäuschungen eigentlich?

Der Begriff “Enttäuschung” beinhaltet das Wort “Täuschung”, was darauf hinweist, dass eine Situation vorgibt, etwas zu sein, was sie in Wirklichkeit nicht ist. Die Vorsilbe “ent-” steht für eine Beendigung von etwas, eine Rückführung in den Ausgangszustand oder den Beginn von etwas Neuem. Genau genommen ist Enttäuschung das Ende einer Täuschung, der ein Mensch unterlegen ist.

Möchten wir der Lösung näherkommen, wie sich Enttäuschungen reduzieren lassen, gilt es, die Enttäuschung genauer zu betrachten. Es gibt zwei Arten von Täuschungen, nämlich Selbsttäuschungen und Täuschungen durch andere.

Fremdtäuschungen durch andere Menschen

Der Täuschung durch andere, also der Fremdtäuschung, geht voraus, dass jemand sich von anderen täuschen lässt. Dabei kann das eigene Urteilsvermögen durch Unaufmerksamkeit, mangelnde Empathie oder zu wenig Kritikfähigkeit getrübt sein. Das eigene Urteilsvermögen kann auch von eigenen Interessen beeinflusst werden. Hierzu kommen wir später.

Selbsttäuschungen durch Erwartungen

Selbsttäuschungen entstehen, wenn ein Mensch sich selbst etwas vormacht. Er geht an eine Sache mit völlig anderen Erwartungen heran, als es der Realität entspricht. Selbsttäuschungen entstehen oft durch zu hohe Erwartungen, die an sich selbst oder andere gestellt werden. Das schmerzhafte Gefühl, das mit Enttäuschungen einhergeht, wird dann oft auf andere projiziert, obwohl diese die eigenen Erwartungen nicht kennen können.

Beispiele von Enttäuschungen

Im Folgenden werden einige Beispiele für Selbsttäuschungen beleuchtet, da diese oft die heimtückischen Unzufriedenheitsstifter sind, weil wir uns oft selbst im Weg stehen.

Das teure Geschenk zum Hochzeitstag

Ein Mann denkt, dass er seiner Frau eine Überraschung zum Hochzeitstag besorgen sollte, weil er davon ausgeht, dass sie dies erwarten würde. Da er dies nicht mit ihr besprochen hat, weiß er nicht, dass sie eigentlich keinen Wert auf Geschenke legt und stattdessen lieber Zeit mit ihm verbringen würde. Wenn er ihr dann ein teures Geschenk kauft und sie enttäuscht ist, weil sie sich eine gemeinsame Feier gewünscht hätte, entsteht Enttäuschung auf beiden Seiten, weil die Situation unweigerlich zu Disharmonie führen wird, solange jeder an seiner Vorstellung festhält.

Der sportliche Vater und der kreative Sohn

Ein Vater erwartet, dass sein Sohn nach der Schule sofort mit den Hausaufgaben beginnt und dann seine Freizeit mit sportlichen Aktivitäten verbringt, da er selbst sportbegeistert ist. Der Sohn hingegen ist kreativ veranlagt und möchte nach der Schule lieber Zeit in seinem Zimmer verbringen, um an Kunstprojekten zu arbeiten. Da beide nie über ihre unterschiedlichen Interessen und Erwartungen gesprochen haben, ist der Vater enttäuscht, weil sein Sohn nicht den sportlichen Aktivitäten nachgeht, die er für selbstverständlich gehalten hat. In diesem Fall führt die unausgesprochene Erwartung des Vaters zu Enttäuschung und möglicherweise zu Konflikten zwischen beiden.

Zwei Freunde im Urlaub

Zwei enge Freunde planen einen gemeinsamen Urlaub. Der eine Freund, nennen wir ihn Alex, geht davon aus, dass sie den Urlaub gemeinsam verbringen und viele Aktivitäten unternehmen werden, da sie dies in der Vergangenheit oft getan haben. Der andere Freund, Chris, denkt jedoch, dass dieser Urlaub eine Gelegenheit ist, sich zu entspannen und die Zeit alleine zu genießen, da er in letzter Zeit viel Stress hatte.

Während des Urlaubs wird Alex enttäuscht, weil Chris weniger Zeit mit ihm verbringt als erwartet und sich mehr zurückzieht. Chris hingegen ist verwirrt, warum Alex so enttäuscht ist, da beide nie ausdrücklich darüber gesprochen haben, wie sie ihren Urlaub verbringen möchten. In diesem Fall führt die unausgesprochene Erwartung von Alex, dass der Urlaub genauso verlaufen wird wie in der Vergangenheit, zu Enttäuschung und möglicher Spannung zwischen den Freunden.

Weitere Beispiele

Es gibt zahlreiche weitere Möglichkeiten für Enttäuschungen, wie kulturelle Enttäuschungen, kreative Enttäuschungen, Enttäuschungen in der Bildung, technologische Enttäuschungen und Enttäuschungen in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Fremdtäuschungen durch Menschenkenntnis reduzieren

Mehr Achtsamkeit, Bewusstsein und Wahrnehmung sind der Schlüssel, um Enttäuschungen durch andere zu reduzieren. Durch die notwendige Empathie, eine gute Intuition und ein sensibles Einfühlungsvermögen können Täuschungsversuche schneller erkannt und angesprochen werden.

Durch gezielte Nachfragen und eventuell resultierende konkrete Absprachen und Vereinbarungen kann sichergestellt werden, dass alle beteiligten Parteien von den gleichen Voraussetzungen ausgehen. Vor allem ist hier die eigene Intuition, die innere Stimme, die Empfindung des Menschen, ein guter Ratgeber, der vor Gefahren warnt. Die Wahrnehmung der inneren Stimme zu schärfen, kann vor so mancher unerwarteten Enttäuschung schützen.

Selbsttäuschungen durch Selbstkritik vermeiden

Da Selbsttäuschung oft mit den eigenen unerfüllten Erwartungen zu tun hat, ist es ratsam, die eigenen Erwartungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren oder aufzugeben. Denn Enttäuschung tritt auf, wenn die eigenen Erwartungen nicht erfüllt werden, obwohl die Annahme von Anfang an falsch war. Dies ist der eigenen Einschätzung einer Situation zuzuschreiben. Das Gegenüber ist dafür in den seltensten Fällen verantwortlich. Nur der Mensch, der in bestimmten Situationen keinerlei Erwartungen hat, wird am Ende auch weniger Enttäuschungen erleiden. Wer weniger Enttäuschungen erleidet, wird gleichzeitig mehr sich selbst und anderen vertrauen, da er erkennt, dass es Dinge gibt, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen.

Wenn es jedoch nicht möglich ist, keine Erwartungen zu haben, ist es hilfreich, mit dem Gegenüber über die eigenen Erwartungen zu sprechen. Es ist jedoch ratsam, das Gegenüber nicht mit den eigenen Erwartungen zu überfordern und Druck aufzubauen. Stattdessen kann mit Einfühlungsvermögen nach den Erwartungen und Wünschen des Gegenübers gefragt werden, um dann über die eigenen Vorstellungen zu sprechen. In den meisten Fällen wird dies die Anzahl der Enttäuschungen erheblich reduzieren.

Klarheit und Einfachheit sind oft der Schlüssel zur Lösung.

Die berechtigte Enttäuschung

Gibt es jedoch berechtigte Enttäuschungen? Was ist, wenn ein Mensch von etwas ausgeht, das er durchaus erwarten kann, aber dies nicht erfüllt wird? Sei es die Erwartung von Ehrlichkeit bei seinem Partner, eines schmackhaften Essens in einem Gourmet-Restaurant oder eines pünktlich abfahrenden Zuges. Es gibt durchaus berechtigte Erwartungen, aber sie bleiben dennoch Erwartungen und somit Annahmen über eine Situation.

Die Frage ist nicht, ob wir richtige oder falsche Erwartungen haben. Die entscheidende Frage ist allein, wie wir mit dem unangenehmen Gefühl der nicht erfüllten Erwartung umgehen. Enttäuschungen werden sich unter Menschen noch eine lange Zeit nicht vermeiden lassen. Wir haben also nur bedingten Einfluss darauf, ob uns Enttäuschungen begegnen oder nicht. Doch wir haben die Möglichkeit, Enttäuschungsmomente durch die zuvor genannten Wege zu reduzieren. Zudem haben wir die freie Entscheidung, ob wir den Groll einer Enttäuschung mehrere Tage mit uns herumtragen und auf andere übertragen oder ob wir aus der jeweiligen Situation lernen, ohne uns von den Gefühlen übermannen zu lassen.

Enttäuschungen als Lehrmeister akzeptieren

Das Wichtigste an Enttäuschungen ist nicht, krampfhaft neue Enttäuschungen zu vermeiden, sondern in Enttäuschungssituationen in uns selbst zu schauen, um herauszufinden, wie es dazu kommen konnte. Diese Reflexion kann dazu führen, dass wir aus der jeweiligen Situation lernen, beispielsweise, dass wir in einer ähnlichen Situation zukünftig anders reagieren. In diesem Fall hat die Enttäuschung sogar einen Nutzen. Wir können sogar dankbar für jede Enttäuschung sein, denn der Lernprozess bringt uns im Leben einen Schritt weiter.

Zusammenfassung

Enttäuschungen sind ein allgegenwärtiges menschliches Phänomen, das eng mit Erwartungen verknüpft ist. Sie können uns schmerzhafte Lektionen über unsere eigenen Annahmen und Vorstellungen erteilen, sind jedoch auch eine Gelegenheit zur Selbstreflexion und zum Wachstum. Wir können lernen, realistischere Erwartungen zu entwickeln, achtsamer zu sein und uns bewusster auf andere Menschen einzulassen.

Enttäuschungen sind nicht das Ende, sondern ein Kapitel in unserer fortwährenden Reise der Selbsterkenntnis und der menschlichen Interaktion. Sie erinnern uns daran, dass das Leben oft anders verläuft, als wir es uns wünschen, und dass unsere Fähigkeit, sich anzupassen und zu lernen, eine entscheidende Rolle dabei spielt, wie wir mit den Herausforderungen des Lebens umgehen und wie glücklich und zufrieden wir sind.

Enttäuschungen können von berechtigten oder überzogenen Erwartungen kommen, doch in beiden Fällen entscheiden wir, welche Macht wir den unangenehmen Gefühlen über uns geben.

Als Hörbeitrag auf Youtube

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